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Rundbrief des Bundesvorsitzenden, Ulrich Weigeldt, am 18.02.2022

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Hausarztpraxen schultern aktuell den größten Teil der Pandemiebekämpfung. Das scheint aber nach wie vor bei vielen politischen Entscheidungsträgern nicht angekommen zu sein. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Situation in den Praxen in den letzten MPK auch nur einmal thematisiert worden wäre. Weiterhin steht die Situation in den Krankenhäusern im Fokus. Die Kolleginnen und Kollegen dort haben in den letzten zwei Jahren Enormes geleistet, das steht völlig außer Frage. Es ist aber eben nur der eine Teil der Pande­mie-Bekämpfung. Der andere findet tagtäglich in unseren Praxen statt. Das gilt mehr denn je für die Bewäl­tigung der aktuellen Omikron-Welle, bei der es zwar sehr viele Infektionen, aber in der Regel deutlich mil­dere Verläufe gibt.

Öffnungsschritte beschlossen
Als Deutscher Hausärzteverband haben wir den Öffnungsplan, der diesen Mittwoch im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen wurde, begrüßt. Auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus dem Ausland ist dieser Schritt aus unserer Sicht richtig und notwendig. Dies deckt sich mit der Sichtweise vieler weiterer Ärzteverbände. Aktuell scheint der Scheitelpunkt der Omikron-Welle erreicht zu sein, was hoffent­lich auch zeitnah die Situation in den Hausarztpraxen zumindest etwas entspannen wird.

Regeländerungen im Wochenrhythmus
Damit die Hausarztpraxen jedoch halbwegs gut durch die kommenden Wochen und Monate kommen, muss die Politik endlich für spürbare Entlastung sorgen. Stattdessen sehen wir uns im Wochenrhythmus mit neuen Regelungen und Vorgaben konfrontiert. Ein Beispiel ist das wochenlange Gezerre um eine neue Testverordnung, die letzte Woche endlich beschlossen wurde. Demnach sollen PCR-Tests in aller Regel nur bei Vorliegen eines positiven Antigentests durchgeführt werden. Durch das ständige Hin und Her der letzten Wochen und den teils sich vollkommen widersprechenden Aussagen der Politik und in den Medien, weiß jedoch kaum jemand, was am Ende überhaupt beschlossen wurde. Die Folge ist, dass verunsicherte Patientinnen und Patienten nachvollziehbarerweise mit ihren Fragen in die Hausarztpraxen strömen. Ähnliches gilt für die Isolations- und Quarantäneregelungen. Am Ende sind es die Hausärztinnen und Hausärzte, die das Kommunikationsdesaster der Politik wieder einmal ausbaden müssen.

Bürokratiewelle in den Praxen
Was die Hausarztpraxen in dieser sehr fordernden Zeit wirklich entlasten würde, wäre eine deutliche Reduktion der Bürokratie auf das notwendige Minimum. Die Hausarztpraxen kämpfen nicht nur gegen die aktuelle Omikronwelle, sondern auch gegen eine Bürokratiewelle. Bestes Beispiel sind die Corona-Impfun­gen: Inzwischen gibt es über 30 Ziffern, mit denen diese abgerechnet und dokumentiert werden müssen. Wir werden hier nicht lockerlassen und bei jeder Gelegenheit dafür kämpfen, dass die Praxen von irrsin­niger Bürokratie befreit werden.

Neue STIKO-Empfehlung zur vierten Impfung
Nach der letzten STIKO-Entscheidung werden in den kommenden Wochen und Monaten noch einmal viele Impfungen auf uns zukommen, denn allen über 70-Jährigen, Bewohnern von Altenheimen und Menschen mit Immunschwächekrankheiten ab fünf Jahren sowie Mitarbeitenden in Gesundheits- und Pflegeeinrich­tungen wird nach aktuellem Stand eine vierte Impfung empfohlen. Auch wenn wir es begrüßen, dass die STIKO früh eine klare Empfehlung ausgesprochen hat, wäre es wünschenswert, wenn wir davon nicht wieder erst aus den Medien erfahren würden. Die Patientinnen und Patienten stehen ansonsten kurze Zeit später an unseren Tresen und fragen, wann sie die vierte Impfung erhalten können.

Die Hausarztpraxen stehen bereit, auch die nächste Phase der Pandemie-Bekämpfung zu schultern. Was uns dabei aber ganz und gar nicht helfen wird, ist, dass nun auch Apotheken impfen können.

Impfen in den Apotheken
Um es klar zu sagen: Hausarztpraxen und Apotheken arbeiten in aller Regel vor Ort gut und vertrauensvoll zusammen. Die meisten Apothekerinnen und Apotheker sehen auch keine Notwendigkeit, selbst zu impfen, denn es gibt in den Praxen und Impfzentren inzwischen zahlreiche freie Termine. Auch als der Impfstoff im Frühjahr knapp war, hätte es der Kampagne nicht geholfen, wenn man ihn einfach auf mehr Stellen verteilt hätte – das dürfte eigentlich jedem einleuchten. Folgerichtig wollen sich auch jetzt nur einige hundert Apotheken bundesweit beteiligen. Für uns ist klar: Wir lehnen das Impfen in der Apotheke ab!

Einrichtungsbezogene Impfpflicht
Viel Unklarheit herrscht auch bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Einige Bundesländer haben angekündigt, diese nicht, wie geplant, ab Mitte März vollziehen zu wollen. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass die gesetzlichen Regelungen ab dem 15. März gelten und angewendet werden. Das bedeutet konkret, dass ab dann alle Ärztinnen und Ärzte sowie das Praxispersonal entweder geimpft oder genesen sein müs­sen, um weiterhin in der Praxis tätig sein zu dürfen. Wie auch immer die politische Diskussion hierzu weiter­geht: Wir brauchen Klarheit und keine Last-minute-Änderungen. Wir werden Sie auf unserer Homepage regelmäßig über den aktuellen, rechtlichen Stand informieren. Dort finden Sie auch ausführliche Informa­tionen, was Sie in Ihrer Praxis konkret beachten müssen.

Telematikinfrastruktur – eine never ending story
Abschließend noch ein Thema, das wie kaum ein zweites für massiven Ärger in den Hausarztpraxen sorgt: Die Telematikinfrastruktur. Was die Praxen hier in den letzten Wochen und Monaten mitmachen mussten, grenzt schon an Satire. Den vorläufigen Höhepunkt bildeten die ständig abstürzenden Kartenlesegeräte. Dass die verantwortliche gematik statt mit einer schnellen Lösung mit do-it-yourself-Anleitungen um die Ecke kam, stärkt nicht gerade das Vertrauen in die Institutionen. Unsere Hausarztpraxen sind keine IT-Test­labore – schon gar nicht Mitten in der Pandemie! Wir fordern, dass in Zukunft nur funktionsfähige und um­fassend getestete IT-Lösungen in unseren Praxen zum Einsatz kommen. Außerdem muss sofort Schluss sein mit Sanktionsandrohungen gegenüber den Ärztinnen und Ärzten. Wenn eine IT-Lösung funktioniert und die Versorgung verbessert, dann wird sie sich auch ohne Drohkulissen durchsetzen.

Mit kollegialen Grüßen

Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender