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Rundbrief des Bundesvorsitzenden, Ulrich Weigeldt, am 18.05.2021

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Belastungen für die hausärztlichen Praxen in der Corona-Pandemie sind enorm, für uns Ärztinnen und Ärzte wie auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So schnell werden diese Strapazen auch nicht nachlassen. Es ist eine Anstrengung, die deutlich mehr Anerkennung vor allem aus der Politik verdient, als wir sie mit Ausnahme unserer Patientinnen und Patienten erfahren. Kein Bonus für unsere Mitarbeitenden, obwohl sie keinen Deut weniger schuften als die Pflegerinnen und Pfleger im Krankenhaus. Alle Bemühungen auf Bundes- wie auf Landesebene haben bis jetzt nicht gefruchtet. Aber Jammern und Klagen hilft nicht und es gebührt Ihnen allen großer Dank für die weit über das erträgliche Niveau erbrachte Leistung!

Mit dieser Leistung haben wir allerdings eine deutlich positivere Wahrnehmung der hausärztlichen Kompetenz und Bedeutung der hausärztlichen Praxen in den Medien erreicht. Wir werden in den Ländern und im Bund gefragt und können wenigstens dort unsere Expertise einbringen. Es gab noch nie so viele positive Rückmeldungen und Kommentare aus den Leser-, Hörer- und Zuschauerkreisen. Die Freigabe der Priorisierung stellt uns aktuell wieder vor große Herausforderungen, wir hätten uns gewünscht, diese Entscheidung wäre – vor ihrer Bekanntgabe in Presseerklärungen (sollte eine Wahl bevorstehen?) – mit uns abgestimmt worden, um die Sichtweise der Praxen einzubringen und den damit verbundenen großen Druck auf diese zu mindern. Wir hätten einen eher allmählichen Prozess für vernünftig gehalten, aber Vernunft scheint nicht unbedingt immer gefragt zu sein. Ein vernünftiges Konzept haben wir auch für die Impfung der unter den Einschränkungen besonders leidenden Kindern und Jugendlichen eingefordert. In dieser Gruppe ist vielleicht das Risiko der Erkrankung nicht so hoch, aber sie haben das höchste Risiko für Kollateralschäden! Sie können nicht einfach ans Ende der Schlange gestellt werden! Auch dafür brauchen wir in den Praxen den geeigneten Impfstoff in ausreichender Menge.

Vor allem durch unsere Öffentlichkeitsarbeit versuchen wir, für Geduld bei den Patienten zu werben. Es fehlt weiterhin an Impfstoff in den Praxen, vor allem der Impfstoff von BioNTech wird nach wie vor zunächst in die Impfzentren geliefert. Das kann zu Verzerrungen führen, weil dann über 60-Jährige in den Impfzentren mit dem BioNTech-Impfstoff versorgt werden, der uns in den Praxen beispielsweise für jüngere Frauen fehlt. Zudem wird ein großer Teil der Beratungslast in die Praxen verlagert, die vor allem bei dem AstraZeneca-Impfstoff erheblich ist. Wie fordern hier vehement, dass diese Beratung unabhängig von einer erfolgten Impfung auch vergütet wird, und zwar deutlich angemessener als bisher. Das ist mühsam, aber wir geben nicht auf.

Und wir brauchen Rechtssicherheit – Rechtssicherheit dahingehend, dass wir den Inhalt der Impf-Ampullen komplett ausschöpfen dürfen, unabhängig von den Herstellerangaben. Aktuell weist das BMG zur Entnahme zusätzlicher Dosen aus Mehrdosenbehältnissen (Vial) darauf hin, dass diese unter bestimmten Voraussetzungen möglich und rechtlich zulässig sei.

Kolleginnen und Kollegen, leider ist das nicht das einzige Problem, mit dem wir uns derzeit auseinandersetzen müssen.

So ist im Windschatten der Pandemie der Fakultätentag mit einer grandiosen Kostenberechnung an die Wissenschafts- und Kulturminister wie an die Ministerpräsidenten der Länder herangetreten, um die Reform der Approbationsordnung zu torpedieren (ein valides Gegengutachten kommt zu erheblich geringeren Kosten für diese Reform). Es wird offensichtlich völlig außer Acht gelassen, dass damit die Zukunft der hausärztlichen Versorgung aufs Spiel gesetzt wird. Nur damit Ordinarien und Fakultäten Geld und Einfluss gesichert wird? Die Sicherung einer adäquaten medizinischen Versorgung der alternden Bevölkerung wird dabei sehenden Auges beiseite gewischt. Hier müssen wir auf allen Ebenen Einfluss nehmen und tun das auch gemeinsam mit der DEGAM, der KBV und der BÄK. Auch unsere Landesverbände sind hier hoch aktiv.

Nicht nur dafür ist es wichtig, dass wir einen starken Verband haben, der die hausärztlichen Interessen auch gerade für die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten kraftvoll vertreten kann. Eigentlich dürfte es keine Hausärztin und keinen Hausarzt ohne Mitgliedschaft im jeweiligen Landesverband geben! Wir sind ein starker Verband, sonst würden wir auch nicht so viel Gehör bei den Medien finden. Wir können und müssen aber noch mehr erreichen, in der Politik, gegenüber den Krankenkassen und Behörden, die unsere Arbeitsbedingungen beeinflussen! Wenn Sie es noch nicht sind, werden Sie Mitglied!

Eine große Errungenschaft ist unsere Hausarztzentrierte Versorgung mit mittlerweile knapp sechs Millionen eingeschriebenen Versicherten in den Vollversorgungsverträgen. Dazu kommen noch viele in den Add-on-Verträgen, die es aber nur gibt, weil es die Vollversorgungsverträge nach § 73b des Fünften Sozialgesetzbuches gibt. Auch etliche Verbesserungen der Honorarsituation im KV-System in den letzten Jahren in diesem Wettbewerb sind unseren Verträgen zu verdanken. Immer wieder versuchen einige Krankenkassen, sich der Verpflichtung zu entziehen, diese Verträge ihren Versicherten anzubieten oder gar die gesetzliche Grundlage anzugreifen. Diese Gesamtsituation sichert die hausärztlichen Praxen und ist ein guter Grund für junge Kolleginnen und Kollegen, in die hausärztliche Praxis zu gehen, entweder als Angestellte oder auch in eine eigene Praxis. Nehmen Sie an den Verträgen teil, wir helfen bei Fragen dazu wie beim Start gern. Patienten sichern sich mit ihrer Einschreibung eine Hausärztin, einen Hausarzt. Wie wichtig das ist, lässt sich im Moment besonders gut erkennen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir diese Krise meistern. Ohne uns geht es nicht, das ist gerade deutlich sichtbar. Bei allen Anstrengungen werden wir gestärkt aus dieser Krise herauskommen. Dafür braucht es allerdings den Zusammenhalt, der unseren Verband gegenüber allen anderen auszeichnet.

Geben Sie nicht auf, verlieren Sie nicht den Mut und bleiben Sie gesund!

In diesem Sinne verbleibe ich
Ihr

Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender