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Rundbrief des Bundesvorstandes am 27.01.2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach drei Jahren Pandemie und der frühen, heftigen ARE-Welle, die in großen Teilen in Ihren Praxen gestemmt wurde, wundern wir uns immer wieder über die Unverfrorenheit anderer Akteure im Gesund­heitswesen. Neustes Beispiel: Die aktuelle Pressemitteilung der Deutschen Krankenhaus­gesellschaft (DKG), in welcher sie dreist behauptet, dass die Krankenhäuser die mangelnde Versorgungs­leistung der Niedergelassenen in den Notaufnahmen ausgleichen müssten. Unsere Antwort fiel deutlich aus. Wir sind ganz sicher nicht verantwortlich, wenn die Kliniken trotz umfassender Finanzhilfen ihre eige­nen Struktur­probleme nicht in den Griff bekommen. Im Gegenteil: Ohne uns würden die Krankenhäuser doch in Null­kommanichts kollabieren! Sich jetzt zu beschweren, nachdem man vielerorts lange Zeit die Notaufnah­men genutzt hat, um bei Bedarf die eigenen Betten zu füllen, ist unterste Schublade.

Auf unsere Leistung hinzuweisen ist das eine. Die Notwendigkeit von Reformen deutlich zu machen und diese dann voranzutreiben, das andere. Die Ressourcen der Hausarztpraxen sind endlich.

Erste Erfolge in Aussicht
Einen ersten Erfolg können wir bereits feiern: Seit Wochen fordert unser Verband lautstark schnelle und pragmatische Hilfe für die Praxen, die aktuell die heftige Infektionswelle stemmen hilft, etwa durch Zuschläge für die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen der oberen Atemwege. Erst vor wenigen Tagen haben nun KBV und GKV-Spitzenverband beschlossen, dass unter anderem Haus­ärztinnen und Hausärzte für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, die wegen einer Atemwegser­krankung in der Praxis behandelt wurden, im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 jeweils einen Zuschlag zur Versicherten- und Grund­pauschale von etwa 7,50 Euro erhalten sollen. Dafür wird die morbiditäts­bedingte Gesamtvergü­tung um 49 Millionen Euro aufgestockt. Das ist schon ein erster wich­tiger Schritt, auch wenn wir noch ein­mal nachhaken müssen, warum die gleiche Versorgungsleistung ab dem 12. Lebensjahr weniger wert sein soll.

Einen weiteren Erfolg konnten wir bei unserem diesjährigen Neujahrsempfang feiern. So kündigte Bundesgesundheitsminister, Professor Karl Lauterbach, an, dass man sich mit den Ländern bezüglich des Masterplans Medizinstudium 2020 geeinigt habe und es noch im Frühjahr einen neuen Entwurf gebe. Das wäre ein enormer Erfolg, auf den wir auf allen Ebenen lange hingearbeitet haben. Vorsicht ist dennoch geboten, denn der ein oder andere wird mit Sicherheit versuchen, das bereits beschlossene Paket wieder aufzuschnüren. Für uns ist glasklar: Die Reform muss wie geplant verabschiedet werden!

Entbudgetierung – Auf die Umsetzung kommt es an
Eine weitere Ankündigung des Ministers bedarf ebenfalls einer engen Begleitung, damit sie uns am Ende nicht auf die Füße fällt: Die Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte. Zunächst ist es gut, dass die Politik erkannt hat, dass die Honorarsituation der Hausärztinnen und Hausärzte dringend verbessert werden muss. Gleichzeitig gilt aber auch: Was gut gemeint ist, ist nicht automatisch auch gut gemacht. Es wird hier auf die konkrete Ausgestaltung ankommen, damit die Hausärztinnen und Hausärzte am Ende wirklich besser honoriert werden als bisher. Aufgrund der komplizierten Honorarsystematik könnte unter Umständen schlussendlich ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen sogar schlechter als bisher dastehen. Das gilt es natürlich mit aller Macht zu verhindern. Gleichzeitig brauchen wir dringend eine Lösung für Regionen wie Berlin und Hamburg, in denen die Honorarsituation noch angespannter ist als anderswo. Wir suchen daher sowohl die enge Absprache mit der Politik und der KBV, wie auch die mit unseren Landesver­bänden, die die Lage der Praxen auf regionaler Ebene am besten einschätzen können.

Der Reformwille ist da, nun gilt es, ihn in positive Bahnen zu lenken. Eine unserer Kernforderungen sind dabei faire Strukturzuschläge, durch die das Vorhalten hausärztlicher Versorgungsstrukturen endlich angemessen finanziert wird. Natürlich arbeiten wir parallel auch stetig an der Weiterentwicklung unserer HZV-Verträge.

Hausärztliche Terminvermittlung: Wie sollten HZV-Patienten abgerechnet werden?
Das bringt uns zum letzten Punkt: Aktuell sorgen die Regelungen zur Terminvermittlung durch Hausärz­tinnen und Hausärzte für viele Fragen – insbesondere auch bei Ärztinnen und Ärzten in der HZV. Zur Erin­nerung: Hausärztinnen und Hausärzte können die Überweisung von höchstens 15 Prozent ihrer Fälle als dringlich markieren. Bei erfolgreicher, zeitnaher Terminvermittlung zu einem gebietsfach-ärztlichen Kolle­gen erhalten sie dann 15 Euro Vergütung.

Da die Ziffer GOP 03008 nicht in allen HZV-Verträgen im Zifferkranz abgebildet ist, sind wir im engen Aus­tausch nicht nur mit den Krankenkassen, sondern auch mit der KBV und der Politik. Sobald es hier neue Erkenntnisse gibt, werden wir Sie auf dem Laufenden halten. Der Politik ist natürlich nicht daran gelegen, die Terminvermittlung in der HZV in irgendeiner Weise zu verkomplizieren, daher verstehen wir die aktu­elle Regelung wie folgt:

  • Sollte die GOP 03008 nicht im HZV-Ziffernkranz Ihrer Verträge enthalten sein, raten wir Ihnen zunächst, diese dennoch im Falle einer dringlichen Terminvermittlung anzusetzen, das heißt, einen KV-Abrechnungsschein anzulegen und die Ziffer abzurechnen.

  • Sollte die GOP 03008 im HZV-Ziffernkranz Ihrer Verträge enthalten sein, können Sie diese Ziffer selbstverständlich nicht abrechnen. Entgegen anderslautenden Behauptungen haben Fachärz­tinnen und Fachärzte auch für diese Fälle Anspruch auf die jeweiligen extrabudgetären Zuschläge für dringliche Terminvermittlungsfälle. Grundlage für die Zuschläge bei den Fachärztinnen und Fachärzten ist nicht die hausärztliche GOP 03008, sondern der entsprechende dringliche Überweisungsschein aus der hausärztlichen Praxis.

Wir warten diesbezüglich aktuell auf eine Klarstellung seitens des Bundesgesundheitsministeriums.

Uns erreichen immer wieder Berichte, dass einige Fachärztinnen und Fachärzte Patientinnen und Patien­ten, die mit einer „normalen“ Überweisung ausgestattet sind, wieder in die Hausarztpraxis zurück­schicken, verbunden mit der Aufforderung, eine dringliche Überweisung auszu­stellen. Das ist absolut inakzeptabel. Wir Hausärztinnen und Hausärzte werden die Überweisungen so ausstellen, wie wir es aus medizinischer Sicht für sinnvoll erachten. Wir werden das Thema auch politisch adressieren.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Markus Beier
Bundesvorsitzender

Prof. Dr. Nicola Buhliger-Göpfarth
Erste stellvertretende Bundesvorsitzende