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Rundbrief des Bundesvorsitzenden, Ulrich Weigeldt, am 08.08.2022

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

unsere Hausarztpraxen arbeiten seit Wochen einmal mehr unter Hochdruck. Nicht nur die Corona-Sommerwelle, sondern auch die für diese Jahreszeit ungewöhnlich hohe Zahl an anderen Atemwegserkrankungen, führen zu rappelvollen Wartezimmern.

Gleichzeitig nimmt die Zahl der gesundheitspolitischen Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, auch während der Sommermonate nicht ab – im Gegenteil. Als Verband konnten wir, trotz viel Gegenwehr, eine Reihe von für die Hausärztinnen und Hausärzte wichtige Anliegen durchsetzen. Gleichzeitig erfahren wir, insbesondere von Seiten der Kassen, nach wie vor viel Gegenwind. Während wir der Politik zunehmend klarmachen konnten, dass es ohne die Hausärztinnen und Hausärzte im Gesundheitswesen zappen­duster aussehen würde, bleibt insbesondere der GKV-Spitzenverband bei seiner versorgungsschädlichen Linie.

Dispensierrecht für Hausärztinnen und Hausärzte bei Corona-Medikamenten

Nach vielen Gesprächen in den letzten Wochen hat das BMG letzte Woche ein Dispensierrecht für Hausärztinnen und Hausärzte für diese Arzneimittel auf den Weg gebracht. Somit können Hausärztinnen und Hausärzte, wenn sie eine Behandlung beispielsweise mit Paxlovid für angebracht erachten, sehr zeitnah die Therapie beginnen. Das wird die Versorgung von Risikopa­tientinnen und -patienten verbessern. Für die Abgabe erhalten Sie 15 Euro.

Paxlovid ist für Risikogruppen ein hochwirksames Medikament, das in der Anwendung jedoch nicht trivial ist. Daher ist es entscheidend, dass am Ende immer die behandelnde Hausärztin oder der Hausarzt die Entscheidung trifft, ob eine Verschreibung von Paxlovid sinnvoll ist oder nicht. Fantastereien einiger Apotheker-Vertreter, Paxlovid als OTC-Präparat abgeben zu können, konnten wir verhindern.

In weiteren Gesprächen mit der Politik werden wir jetzt gemeinsam ein Konzept erarbeiten, wie die Patientinnen und Patienten, die von einer Therapie mit antiviralen Arzneimitteln zur Behandlung von COVID-19-Erkrankungen in besonderem Maße profitieren, sehr früh nach einer Infektion identifiziert werden können. Ein Fokus liegt dabei u. a. auf Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen, die bekanntlich besonders gefährdet sind.

Klar ist aber auch: Paxlovid ist kein Ersatz für eine Impfung. Die Impfung ist und bleibt der beste Schutz gegen einen schweren Verlauf und damit auch gegen eine Überlastung des Gesundheitswesens!

Telefonische AU

Der G-BA hat vergangene Woche, insbesondere auf Druck des Deutschen Hausärzteverbandes und seiner Landesverbände, die telefonische AU bei leichten Atemwegserkrankungen wieder eingeführt. Die Tele-AU kann für bis zu sieben Tage ausgestellt werden. Bei fortdauernder Erkrankung ist telefonisch eine einmalige Verlängerung um weitere sieben Kalendertage möglich.

Als Verband haben wir dafür lange gegen erheblichen Widerstand kämpfen müssen, insbesondere seitens der Arbeitgeber und des GKV-SV. Die Gewinner dieser Regelung sind unsere Patientinnen und Patienten, die nicht mehr gezwungen sind, sich ohne medizinische Notwendigkeit in ein volles Warte­zimmer zu setzen, nur weil sie ihren Arbeitgebern eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen.

Ärgerlich ist, dass die Krankenkassen den Mehrwert für die Patientinnen und Patienten nicht sehen, sondern die Regelung als Kostensparmodell missbrauchen. Einige Pauschalen sollen nicht greifen, sofern kein persönlicher Arztbesuch stattgefunden hat, sondern ein telefonischer. Erneut beweisen damit die Kassen eindrucksvoll, dass ihnen eine Flexibilisierung und Modernisierung der Versorgung vollkommen egal ist. Wir werden hier weiter auf eine faire Vergütung drängen und das nicht so einfach hinnehmen. Übrigens: Im Rahmen der HZV-Verträge gibt es diese Vergütungsproblematik gar nicht erst!

Die Regelung ist erneut bis zum 30. November 2022 befristet. Wir fordern, dass im Anschluss die Tele-AU für Patientinnen und Patienten, die die Hausärztin oder der Hausarzt kennt, unabhängig von der Corona-Pandemie, dauerhaft und mit einer fairen Vergütung in die Regelversorgung überführt und der Video­sprechstunde gleichgestellt wird. Auch hier kommt Widerstand vor allem von dem GKV-Spitzenverband und Arbeitgebern. Wir werden uns davon allerdings nicht beeindrucken lassen!

Konnektorentausch

Wenig erfreulich ist, was die gematik und ihre Gesellschafter (BMG, GKV-SV, KBV, KZBV und die DKG) aktuell in Sachen Konnektorentausch veranstalten.

Zur Erinnerung: Die gematik und ihre Gesellschafter haben vor Monaten beschlossen, dass alle Konnektoren nach fünf Jahren ausgetauscht werden müssen. Grund ist, dass das Sicherheitszertifikat abläuft. Das Problem gäbe es nicht, wenn die gematik mit der Umsetzung der Telematikinfrastruktur 2.0 – bei der keine Konnektoren mehr benötigt würden – nicht Jahre hinterherhinken würde. So müssen jedoch nach derzeitigem Stand knapp 400 Millionen Euro investiert werden. Ein unglaublicher Skandal!

In den letzten Wochen kam erneut die Frage auf, ob dieser Konnektorenwechsel technisch überhaupt notwendig ist. Nachdem man also vor Monaten einstimmig für den Konnektorenwechsel gestimmt hatte, diskutieren gematik, KBV und Co. jetzt darüber, ob das nicht vielleicht doch unnötig ist – und das, während der Austausch schon läuft! Eine einheitliche und transparente Kommunikation der Verantwort­lichen? Fehlanzeige! Stattdessen werden wir Ärztinnen und Ärzte mit dem Durcheinander komplett allein gelassen.

Stand jetzt ist, dass zumindest alle Ärztinnen und Ärzte, deren Konnektor-Zertifikat in den kommenden Monaten abläuft, neue Hardware bestellen müssen. Dabei handelt es sich um die Konnektoren der Compugroup Medical Deutschland (CGM), denn diese wurden zuerst ausgeliefert. Bitte sprechen Sie hierzu Ihren Hersteller an.

Als Verband kämpfen wir mit aller Macht dafür, dass den Ärztinnen und Ärzten, die überhaupt nichts für das Konnektoren-Chaos können, keine zusätzlichen Kosten entstehen. Der Schiedsspruch, wonach die Ärztinnen und Ärzte 2.300 Euro für den Konnektorentausch erhalten sollen, ist nicht kostendeckend. Die CGM hat nun angekündigt, den Preis für den Konnektorenwechsel entsprechend anzupassen. Das erwarten wir in Zukunft auch von den anderen Herstellern. Auch so werden sie am Konnektorentausch mehr als genug verdienen!

Mit kollegialen Grüßen und weiterhin eine schöne Sommerzeit!

Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender